Ein Impuls über

  • Diversifikation in Unternehmen – Rebellen verändern Unternehmen, aber nicht alle auf die gleiche Weise
  • Engagement Index der Gallup Studie – Veränderung braucht Haltung, nicht nur Methoden
  • Unternehmenskulturen der Betroffenen und Beteiligten – Stillstand ist keine Option: Wo stehst du?

Wer veränderte die Welt?

  • Es waren die, die raus gingen aus ihrer Komfortzone
  • Es waren die, die nicht in die Schablone passten
  • Es waren die, die nicht nur anders dachten, sondern die es anders machten
  • Es waren die, die gingen um zu schauen und nicht die, die fragten, wo wir denn hinkämen, wenn wir gingen um zu schauen 1)
  • Es waren die, die gegen den Strom schwammen. Anstrengender, ja – aber nicht ermüdend

Und sie verändern auch Unternehmen. Nicht allein, nicht im luftleeren Raum, sondern im Zusammenspiel mit denen, die bereit sind, zuzuhören. Wenn man sie anhört, wenn man mit ihnen arbeitet – und wenn sie selbst mit den Unternehmen arbeiten. Denn Veränderung entsteht nicht im Alleingang, sondern in der Begegnung.

Die Rede ist von den ‚echten‘ Rebellen. Belassen wir es erst mal bei diesem Begriff, auch wenn er oft negativ konnotiert ist. Aber es sind gerade sie, die den Mut haben, Dinge infrage zu stellen, Muster aufzubrechen und neue Wege sichtbar zu machen. Manche nennen sie Organisationsrebellen , andere sprechen von provokativer Kompetenz wieder andere von Narren. Mir geht es nicht darum, Begriffe zu definieren, sondern einen Gegenpol sichtbar zu machen. Einen, der nicht gegen Unternehmen arbeitet, sondern mit ihnen – für eine Zukunft, die sich nicht an alten Schablonen orientiert, sondern an dem, was wirklich möglich ist.

Die nicht gewollten Rebellen

Es gibt diejenigen, die gegen alles sind – egal, worum es geht. Ihnen kann man es nicht recht machen, denn es geht ihnen nicht um die Sache, sondern um den Widerstand an sich. Sie greifen einfache Erklärungen in einer komplexen Welt auf, weil diese sich angenehm klar und verständlich anhören. Hinterfragen? Zu anstrengend. Verantwortung übernehmen? Das sollen die „Anderen“ machen, dafür sind sie doch da. Und genau diese „Anderen“ profitieren von denen, die nicht selbst gestalten wollen. Es ist ein Kreislauf, der sich politisch, gesellschaftlich, unternehmerisch und privat wiederfindet.

Doch ist es wirklich so einfach? Ist es wirklich nur Bequemlichkeit oder steckt etwas anderes dahinter? Widerstand ist oft nicht grundlos. Menschen verweigern sich nicht nur aus Prinzip, sondern aus einer tiefen Überzeugung oder aus einer erlebten Ohnmacht heraus. Was, wenn genau darin ein Potenzial steckt? Wenn sie nicht Gegner sind, sondern Betroffene, die sich nie als Beteiligte verstanden haben?

Die Bestands-Rebellen

Sind die, die festhalten wollen. Sie finden Argumente gegen alles Neue, Andere. Das ist nicht mal Meinung, das ist nur sogenanntes Totschlag Argument. Das funktioniert doch sowieso nicht, das haben wir noch nie so gemacht. Ich würde ja gerne, aber um X zu machen, fehlt mir Y. In deren Sätzen sind häufig negativ Worte eingebaut – aber, nein, nicht, niemals. Ja, auch ihr seid Rebellen, Bestandsrebellen.

Doch auch hier lohnt ein zweiter Blick: Ist es wirklich Ablehnung oder ist es Schutz? Die Angst vor dem Unbekannten, vor dem Kontrollverlust, vor Unsicherheit ist menschlich und tief in unseren kognitiven Strukturen verankert. Studien zur Verhaltensökonomie (z. B. Kahneman & Tversky) zeigen, dass Menschen Verluste deutlich stärker gewichten als Gewinne. Das bedeutet, dass der potenzielle Schmerz durch eine Veränderung größer erscheint als der mögliche Nutzen.

Wie kann man diese Bestands-Rebellen in Bewegung bringen? Drei Möglichkeiten:

  • Psychologische Sicherheit schaffen (Edmondson, 1999): Menschen brauchen die Gewissheit, dass sie Fehler machen dürfen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Wer sicher ist, aufgefangen zu werden, ist eher bereit, Neues auszuprobieren.
  • Den Status quo hinterfragen: Oft reicht es, gezielt zu fragen: „Was wäre, wenn das Gegenteil wahr wäre?“ oder „Was wäre die schlimmste Konsequenz einer kleinen Veränderung?“ Kleine, durchdachte Experimente können große Widerstände abbauen.
  • Vertrauen in kleine Schritte aufbauen (Prochaska & DiClemente): Die „Stages of Change“-Theorie zeigt, dass nachhaltige Veränderung nicht durch radikale Brückenabbrüche, sondern durch bewusste, kleine Schritte gelingt. Das heißt: nicht sofort alles auf den Kopf stellen, sondern erste Erfolgserlebnisse schaffen.

Nichts gegen Bestand, bewährtes soll bewahrt werden, aber nur solange, bis es durch etwas Besseres ersetzt wird. Es darf nicht solange an Lösungen festgehalten werden, bis sie zum Problem werden. Daher muss auch das Bewährte hinterfragt werden dürfen und mit agiler Haltung und agilen Methoden (#experimente) auf wertstiftende Verbesserung geprüft werden. Vielleicht wurde mal versucht etwas zu ändern, da hat es nicht funktioniert und nun versucht man es nicht erneut.

Oftmals ist der Leidensdruck für Veränderungen auf verschiedenen Ebenen des Unternehmens noch nicht hoch genug. D.h. die Ängste der Ungewissheit, des nicht kontrollierbaren Raumes, dominieren. Viele dieser Ängste sind berechtigt und werden leider immer noch nicht ernst genommen, bzw. nicht aktiv in Arbeitsabläufe integriert.

Wer nicht die Sicherheit hat, aufgefangen zu werden, wird immer ein Bestandsrebell bleiben. 

Die ‚richtigen‘ Rebellen

Ihr, die ihr Ideen habt. Ihr erkennt, hinterfragt. Ihr, die Möglichkeiten seht, wo andere Grenzen wahrnehmen. Ihr, die ihr vielleicht nicht die Lösungen kennt, aber bereit seid, Lösungen zu finden. Denn ihr seid nicht nur Verwalter, ihr seid Gestalter. Nicht nur Störer, sondern Ermöglicher. Es ist die Leidenschaft, die euch antreibt, nicht der Leidensdruck.

Die wahren Veränderer sind nicht Einzelkämpfer, sondern diejenigen, die Brücken bauen. Die nicht nur Widerstand leisten, sondern andere mitnehmen. Die in Unternehmen genauso wie in der Gesellschaft nicht nur gegen etwas kämpfen, sondern für etwas.

Und genau darin liegt die Verbindung: Die ’nicht gewollten Rebellen‘, die ‚Bestands-Rebellen‘ und die ‚richtigen‘ Rebellen haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Alle drei Gruppen eint ein Bedürfnis nach Orientierung und Sinn. Die Kunst liegt nicht darin, eine Seite gegen die andere auszuspielen, sondern in der Schaffung einer Kultur, die alle in den Dialog bringt. Denn Veränderung entsteht dort, wo Rebellion und Verantwortung in Einklang gebracht wird.

Wo stehe ich?

Eine (R)evolution von Innen muss von Außen immer als konstruktiv und lösungsorientiert wahrgenommen werden. Damit das funktioniert, brauchen wir die Kollaborateure, anstelle der Saboteure.

Ein Satz, der hierbei sehr hilfreich ist, um sich selbst in das Team- und Unternehmensgefüge (#culture) einzuordnen lautet:

Love it, change it or leave it

Dies bezieht sich auf die Arbeitsweise und Ausrichtung. Dem unternehmerischen Kontext, auf dessen Feld sich die unternehmerischen Handlungen der Mitarbeitenden – Führungskräfte und Teams – orientieren. Relevant ist hierbei die Reihenfolge. Wer gehen möchte, sollte vorher alles versucht haben, um kollaborativ zur Weiterentwicklung beizutragen.

Denn Arbeit kann und sollte Freude machen – nicht als Selbstzweck, sondern als gemeinsame Gestaltung einer sinnvollen Zukunft 2).

Das Umfeld entscheidet

Die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, ist kein Zufallsprodukt. Sie wird geformt durch unsere Kultur und durch unser eigenes Verhalten. In einem Umfeld, das Lernen als Teil des Erfolgs versteht, entstehen Innovation und Fortschritt nicht durch Perfektion, sondern durch mutiges Ausprobieren, Lernen und Anpassen.

Doch wie schaffen wir ein solches Umfeld? Entscheidend sind wissenschaftlich fundierte Prinzipien, die in der Praxis bereits ihre Wirkung gezeigt haben:

  • Psychologische Sicherheit (Amy Edmondson): Menschen äußern ihre Ideen und Bedenken nur dann, wenn sie keine Angst vor negativen Konsequenzen haben. Ohne psychologische Sicherheit gibt es kein echtes Lernen.
  • Growth Mindset (Carol Dweck): Wer glaubt, dass Fähigkeiten und Wissen entwickelbar sind, geht anders mit Herausforderungen um – sie werden zum Wachstumstreiber.
  • Double Diamond (Design Thinking): Die bewusste Abfolge von divergentem und konvergentem Denken führt zu durchdachteren Lösungen.
  • Liberating Structures: Mikrostrukturen oder Arbeitsformen, die die Beteiligung und Kreativität in Gruppen jeder Größe fördern.
  • Cynefin-Framework (Dave Snowden): Komplexe Probleme brauchen andere Entscheidungswege als komplizierte oder chaotische Situationen. Das Bewusstsein darüber schafft Klarheit und bessere Handlungsfähigkeit.

Wo stehst du?

In manchen Situationen sind wir nur betroffen, in anderen beteiligt. Vielleicht hast du dich an einer Stelle in diesem Text wiedergefunden. Vielleicht hat er dich auch irritiert oder herausgefordert. Das ist gut – denn Reflexion ist der erste Schritt zur Veränderung.

  • Welche Haltung hast du zu Veränderung?
  • Wie gehst du mit Unsicherheit um?
  • Wo möchtest du als Mitgestalter*in aktiv werden?
  • Was brauchst du, um ins Tun zu kommen?

Vom Denken ins Handeln kommen

Erkenntnis ist wertvoll – aber sie wird erst dann wirksam, wenn wir sie in die Praxis überführen.

 

FußRaum....

1) Text in Anlehnung an Kurt Marti

2) https://www.gallup.com/de/472028/bericht-zum-engagement-index-deutschland.aspx