Die Kraft der Akzeptanz – die Überwindung jeder Enttäuschung – der Weg zur erfolgreichen Veränderung

Veränderung scheitert nicht am Widerstand, sondern daran, wie wir damit umgehen. Erkenne mit den 5 Phasen nach Kübler-Ross, wie unerwartete Ereignisse im Arbeitsalltag unsere wahre Veränderungsfähigkeit sichtbar machen..

Der Weg der Veränderung in Phasen

Wenn wir im beruflichen Kontext von Veränderung sprechen, denken wir sofort an große, geplante „Change-Prozesse“. Modelle wie die bekannte Change-Kurve nach Streich (siehe Grafik unten) beschreiben solche umfassenden, organisatorischen Transformationen in sieben Phasen. Doch die Wahrheit ist: Wir durchleben diese Phasen viel häufiger und unmittelbarer, nämlich in den kleinen Momenten des Alltags. Dabei geht es nicht um eine neue Firmenstrategie, sondern um ein unerwartetes Ereignis, das unsere Pläne durchkreuzt. In einem vorangegangenen Artikel haben wir darüber gesprochen, wie wir neutrale Ereignisse durch unsere Wahrnehmung zu wertvollen Erlebnissen machen. Aber was geschieht, wenn ein Ereignis uns kalt erwischt und eine emotionale Abwehrreaktion auslöst? Eine kritische Bemerkung oder eine plötzliche Störung, die eine emotionale Reaktion in uns auslöst. Genau für diese alltäglichen, menschlichen Konfrontationen bietet das ursprüngliche Modell der fünf Phasen nach Elisabeth Kübler-Ross einen unschätzbaren Einblick. Es beschreibt nicht den organisierten Wandel, sondern die rohe, emotionale Reise in der variablen Intensität der Emotion (Amplitude) und der Dauer (Zeit), die ein unerwartetes Ereignis in uns antriggert.

Schauen wir uns das an einem Szenario an, das einige von uns kennen.

Der Moment, in dem die Simmung kippt

Stell dir ein Meeting vor, die Atmosphäre ist produktiv. Ein Großteil der Teilnehmenden bringt aktiv Ideen ein. Ablauforientiert nicht durchlauforientiert den Problemraum zu erkunden, bevor in den Lösungsraum gewechselt wird, offen und kreativ.

Dann, kurz vor Ende, meldete sich Philip zu Wort. Laut und deutlich, wie immer. Philip war bekannt dafür, dass er sich gerne in den Vordergrund stellte und dadurch einen gewissen Druck auf die Gruppe ausüben konnte. Manchmal subtil, manchmal weniger. „Ganz ehrlich“, begann er, „ich verstehe immer noch nicht, was das hier soll. Ich meine, was bringt uns dieses ganze Meeting? Wo ist der Mehrwert?“

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Die Gruppendynamik kippt. Philips Äußerung ist ein unerwartetes Ereignis, das bei allen Anwesenden – inklusive Philip selbst – einen inneren Prozess in Gang setzt.

Dieser lässt sich mit den 5 Phasen der Trauer von Elisabeth Kübler-Ross veranschaulichen.

Das Ereignis bestimmt den Durchlauf

Schauen wir einmal auf die Phasen der Trauer Kurve nach Kübler-Ross an diesem Beispiel.

Phase 1: Schock und Überraschung

Philips Worte treffen die Gruppe unvorbereitet. Sie passen nicht zur bisherigen kooperativen Stimmung. Dieser erste Moment der Verblüffung ist der Schock. Die Wahrnehmung ist alarmiert, und die Teilnehmenden beginnen, sich mental mit dem unerwarteten Ereignis auseinanderzusetzen.

Phase 2: Widerstand und Ablehnung

Unmittelbar auf den Schock folgt der innere Widerstand. Bei den Teilnehmenden könnten Gedanken aufkommen wie: „Das kann er doch nicht machen!“, „Er zerstört gerade die gute Atmosphäre!“ oder „Warum muss er immer alles infrage stellen?“. Man verteidigt den Status quo1) und das eigene Denkmuster. Auch Philip steckt im Widerstand – sein Ausbruch ist das sichtbare Zeichen eines unentdeckten Schockerlebnisses, das ihn schon früher im Meeting getriggert hat.

Phase 3: Emotionale Auseinandersetzung (Trauer / Wut)

Negative Gedanken führen zu negativen Gefühlen. Die Erkenntnis, dass das Ereignis nicht rückgängig gemacht werden kann – Philips Worte stehen im Raum –, führt zu Emotionen. Bei den Teilnehmenden kann dies Ärger oder Frustration sein. Manchmal zeigt sich diese Phase als Wut, manchmal als ein Gefühl des Verlusts, z.B. der produktiven Stimmung. Es ist die Phase, in der wir mental loslassen müssen, was gerade zerstört wurde. Die Enttäuschung – als das Ende der Täuschung.

Phase 4: Akzeptanz

Ein Ereignis, das wir nicht ändern können, müssen wir akzeptieren. Akzeptanz bedeutet nicht, Philips Verhalten gutzuheißen. Es bedeutet anzuerkennen, dass es passiert ist. Dies ist die Tür, durch die wir gehen müssen, um wieder handlungsfähig zu werden. Erst wenn die Gruppe die Störung akzeptiert, anstatt sie zu ignorieren oder nur zu bekämpfen, kann sie konstruktiv darauf reagieren, Handlungsspielräume öffnen und kreativ werden. Streich setzt die rationale Akzeptanz zeitlich vor die emotionale Akzeptanz.

Phase 5: Neuorientierung und Kreativität

In dieser Phase sind wir bereit uns mit neuen Ideen zu befassen, es öffnet sich der Raum für neue Wege. Die Gruppe kann nun kreativ werden: „Okay, Philips Einwand ist da. Wie gehen wir damit um? Lasst uns kurz darüber sprechen, was er braucht, um den Mehrwert zu sehen“. Aus der Blockade entsteht eine neue Handlungsmöglichkeit. Man passt sich an die neue Situation an – von der Verschlossenheit zur Entschlossenheit – und integriert die Störung.

Vom Umgang mit dem Widerstand

Das Ziel muss immer sein, die ersten drei Phasen so schnell wie möglich zu durchlaufen. Widerstand ist eine natürliche Schutzreaktion, aber wenn wir darin verharren, führt er zur Blockade. Resistance causes Persistence. Der Schlüssel ist, mit dem Widerstand zu arbeiten, nicht gegen ihn. Jede Störung2) hat Vorrang. Hätte man Philips Unbehagen früher bemerkt, hätte sein Ausbruch vielleicht vermieden werden können.
Indem wir die Phasen der Change-Kurve nicht nur bei anderen, sondern auch bei uns erkennen, bewältigen wir einen inneren Konflikt. Denn im Schock ist man gelähmt, im Widerstand behindert, die Trauer hilft loszulassen.

Lass los, was dich festhält3)

Die Phasen nach J. Kotter

Der Bekanntheit halber sei hier auch noch Kotter erwähnt. Die Phasen nach Kotter sind vordergründig rationaler, weniger emotionaler. Aber auch hier lassen sich parallelen zu Kübler-Ross finden. Wer im Widerstand ist, sollte eine Dringlichkeit spüren, wer Hilfe in dieser Phase benötigt, koaliert im besten Fall und entwickelt eine Vision in Richtung Akzeptanz.


1) Handlungsmuster aus dem Widerstand arbeiten immer „Gegen“. Veränderung scheitert selten am Widerstand selbst, sondern daran, wie wir mit ihm umgehen. Es gilt hier, Betroffene zu Beteiligten zu machen
2) https://kreggenfeld.de/wp-content/uploads/Stoerungen_und_Konflikte_klaeren.pdf
3) Auf der physischen Ebene wird es sofort klar. Wenn wir essen und Besteck in der Hand halten, müssen wir es loslassen, bevor wir das Glas erheben können, um zu trinken. Auf der psychischen Ebene ist es etwas komplizierter. Hier sind es die Gedanken, die wir loslassen müssen.


Change Kurve nach Streich

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Babys steht es ins Gesicht geschrieben – man kann ihnen die einzelnen Phasen regelrecht im Gesicht ablesen und oft läuft dieser Prozess erstaunlich schnell durch – je nachdem, wie die Eltern reagieren. Deshalb halte ich überhaupt nichts davon, die Babys ‚einfach mal schreien zu lassen‚, denn es immer ein Bedürfnis dahinter.

Auch bei Kindern lässt sich gut erkennen, in welcher Phase sie sich befinden. Besonders im schulischen Kontext ist es bemerkenswert, dass man von ihnen Kreativität und Lernbereitschaft erwartet, während sie innerlich noch im Widerstand stecken – etwa weil sie den Matheunterricht als sinnlos oder als reine Zeitverschwendung empfinden.

Dieses Muster begleitet uns bis ins Erwachsenenalter: Damit Veränderungsprozesse gelingen, braucht es Bedürfnisorientierung und Sinnerfüllung im Tun. Dies zu erkennen, zu fördern und zu etablieren, ist ein zentraler Schlüssel für konstruktive Veränderung.

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